Auf ein Wort:
Ich habe Verwandte, die den Krieg erlebt haben. Den echten, den letzten mit Deutschland. Den mit Bomben, Soldaten, Brotmarken und Schokolade von der Wehrmacht oder später von den Amis. Sie erzählten, wie schlimm alles war. Wie kalt. Wie laut. Wie traurig. Nur was genau alles „passiert“ ist – das blieb immer irgendwie nebensächlich. Niemand sprach von Juden. Von Deportationen. Von dem Geräusch, wenn Zivilcourage stirbt. Man wusste von nichts.
Ich hörte dann in der Schule, was wirklich passiert war. Der Holocaust. Die Verbrechen. Die kollektive Schuld. Und plötzlich war ich Teil eines „wir“, das ich nie unterschrieben hatte. Ich hatte keine Gaskammer gebaut. Ich hatte niemanden denunziert. Ich war bloß ein Kind – aber ein deutsches. Und das reichte offenbar.
Ich habe mich lange geschämt. Für das Land, das ich bewohnte. Für die Sprache, die ich sprach. Für die Flagge, die bei Fußball-Weltmeisterschaften wieder aus Kellern geholt wurde. Ich fühlte mich eher europäisch. International. Mediterran. Hauptsache, nicht deutsch.
Nur langsam wurde es besser.
Und dann kam die Gegenwart.
Plötzlich sind sie wieder da: Die Hasser. Die Hetzer. Die Nachtreter. Die, die „mal wieder sagen wollen dürfen, was man nicht sagen darf“. Die, die aus Angst vor einer gendergerechten Speisekarte bereit sind, Faschismus in Kauf zu nehmen. Und plötzlich liegt wieder Gewalt in der Luft – wie billiges Haargel auf Parteitagen.
Ich spüre sie wieder, diese Ohnmacht. Dieses „Nicht-schon-wieder“-Gefühl. Dieses Wissen, dass Geschichte sich nicht eins-zu-eins wiederholt – aber manchmal doch wiederkehrt. Im neuen Tarnkleid, aber dadurch nicht weniger schädlich.
Und da ich kein Schwert habe, keinen Schild, keine Partei im Rücken, werde ich das tun, was ich kann:
Nicht wegsehen. Sondern schreiben.
Bissig. Klar. Ohne Wattebällchen. Und ja – deutsch. Mit spitzer Feder, die sich nicht verbiegen lässt. Denn Satire darf viel. Aber vor allem darf sie eines nicht – schweigen.
Hier schreibt Cheeny Klingele!

