Eine Welt auf Augenhöhe – Teil 8

Das Patriarchat in der aktuellen Politik

Ein schlechter Scherz der Geschichte?
Nein – es ist bittere Realität. Im Jahr 2025, mitten in einer Gesellschaft, die vorgibt, Gleichberechtigung längst erkämpft zu haben, erleben wir eine gefährliche Rückwärtsbewegung. Was lange als Nebenschauplatz abgetan wurde, erweist sich als zentrale politische Front. Wer heute glaubt, Frauenrechte seien selbstverständlich gesichert, irrt. Wir stehen an einem Kipppunkt – und die Richtung, in die wir uns jetzt bewegen, wird die nächsten Jahrzehnte bestimmen.

Frauen sind in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen präsent – von Wissenschaft und Wirtschaft bis in die Politik. Wir leben im Jahr 2025, und doch werden aktuell Frauenrechte nicht vertieft, sondern scheibchenweise zurückgedreht. Auf der politischen Bühne wird Gleichstellung gern beschworen, doch hinter den Vorhängen kehrt ein altes Muster zurück. Das Patriarchat tritt nicht im Gestus des Donners auf, sondern leise, schleichend – getarnt als Tradition, Familienpolitik, Natürlichkeit.

Das alte Rollenbild im neuen Gewand

Frauen sollen pflegen, erziehen, stützen – und genau dort bleiben. Wer ausbricht und Unabhängigkeit einfordert, gilt schnell als „gegen die Familie“ oder gar „gegen die Natur“. In der politischen Praxis zeigt sich das subtil und doch sehr deutlich: Steuerpolitik, die den Alleinverdiener fördert. „Familienpolitik“, die Vielfalt rhetorisch duldet, praktisch aber zurückdrängt. Und eine Sprache, die Mütter lobt, aber zugleich zu Hause bindet.

Offensiver Rückfall: AfD

Besonders greifbar wird der Rückschritt bei der AfD. Ihr Leitbild ist klar: Vater, Mutter, Kinder – möglichst verheiratet, möglichst viele Kinder, möglichst traditionell. Andere Lebensmodelle gelten als Abweichung, Frauenkarrieren erscheinen maximal zweitrangig. Frauen werden klar in eine Rolle von Mutterschaft, Hausarbeit und Abhängigkeit gedrängt. Die Partei diffamiert „Gender-Ideologie“ und stellt die Berufstätigkeit von Müttern sogar als Problem dar.
Hier ist patriarchale Politik nicht nur konservative Nostalgie, sondern ein aktives Programm.

Subtile Bremse: CSU und CDU

Anders die CSU: Sie verfolgt ein ähnliches Modell, nicht laut, sondern leise konservativ, aber institutionell verankert. Markus Söder betonte etwa, „wir müssen die traditionelle Familie stärken“. Die CSU spricht von der Familie als Fundament der Gesellschaft. Klingt harmlos, schließt aber andere Modelle geschickt aus. Frauen in Spitzenämtern sind unterrepräsentiert. Machtressorts sind fast ausschließlich männlich dominiert. Ohne verbindliche Quotenregelungen wäre ihr Anteil in Spitzenpositionen noch geringer.
Die CDU agiert ähnlich: Frauen werden gerne in Sozial- oder Familienpolitik gedrängt, unabhängig von ihrer fachlichen Expertise. In steuer- und familienpolitischen Fragen – etwa beim Ehegattensplitting – hält die Union an Modellen fest, die ökonomische Abhängigkeit fördern: meist verdient der Mann, die Frau reduziert ihre Erwerbsarbeit.
Männer besetzen nach wie vor Finanzen, Wirtschaft, Inneres. Die Rollenaufteilung ist subtil – aber wirksam.

Ambivalenz statt Klarheit:

SPD, Grüne, FDP versprechen Fortschritt, aber bremsen im entscheidenden Moment. Frauenministerien wurden mit schwachen Budgets ausgestattet, familienpolitische Reformen kleingeschoben. Statt Kindergrundsicherung gab es eine Minimallösung, beim Elterngeld wurde gekürzt – und das in einem Land, das seit Jahren in der Gleichstellung hinterherhinkt. Es ist die subtile Bremse, die am Ende denselben Effekt hat wie die offene Blockade: Stillstand.

Und die Justiz?

Jüngst wurde eine Richterwahl blockiert, weil die Kandidatin zu progressiv galt. Ein Einzelfall? Nein, ein Signal: Wer Frauen konsequent stärkt, stößt auf Widerstand. Noch sind wir nicht so weit wie Polen oder Ungarn, wo die Rechte der Frauen offen beschnitten werden. Aber die Parallelen sind nicht zu übersehen.

All das ist kein Zufall. Es sind bewusste Strategien, um Macht zu sichern – auf Kosten der Hälfte der Bevölkerung. Wer das kleinredet, macht sich mitschuldig.

Der gesellschaftliche Backlash

Es sind nicht nur Parteien, sondern gesellschaftliche Strömungen, die Druck machen: Vielfalt wird als Bedrohung dargestellt, Bildung zu Geschlechterrollen als „Frühsexualisierung“ diskreditiert. Abtreibungsrechte geraten wieder in die Debatte. Frauen, die unbequem sind, die selbstbewusst auftreten, die Macht beanspruchen – sie werden wieder zurückgedrängt und notfalls diffamiert, wenn sie nicht ins Bild passen.

Genau hier setzt das Konzept des Aequarchats an: eine Gesellschaft auf Augenhöhe, in der Gleichstellung nicht mehr als Gnade verteilt oder von Parteitaktik abhängig gemacht wird, sondern strukturell verankert ist. Ein System, das Macht neu verteilt und den Rückschritt unmöglich macht.

Die Frage ist also nicht mehr, ob wir handeln sollten. Sondern ob wir bereit sind, jetzt die Weichen zu stellen – bevor aus einem langsamen Rückschritt ein unumkehrbarer Absturz wird.

Quellen:

https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Die-AfD-und-ihre-Positionen-zu-Frauen-und-Familie,afd3132.html
https://www.edit-magazin.de/zurueck-ins-patriarchat.html
https://frauenrechte.de/ueber-uns/unsere-forderungen/antworten-wahlpruefsteine/acht-frauenfeindliche-vorhaben-der-afd
https://www.sonntagsblatt.de/artikel/familie/was-cdu-und-csu-ihrem-wahlprogramm-fuer-frauen-familien-und-kinder-planen
https://www.csu.de/verbaende/kv/erding/aktuelles/2025-1-3/frauenrechte-sind-menschenrechte
https://www.cdu.de/wahlprogramm-von-cdu-und-csu
https://www.deutschlandfunkkultur.de/kommentar-frauen-bundestagswahl-afd-cdu-csu-union-100.html